Ist 5G für das Vogelsterben verantwortlich?
Den Haag, Thurgau, Kroatien – in all diesen Regionen kam es in den letzten Jahren zu massiven Vogelsterben. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass 5G für das Vogelsterben verantwortlich ist. Aber was ist dran an dem Gerücht?
In den sozialen Netzwerken häuften sich in den letzten Jahren Meldungen und Bilder von unzähligen toten Vögeln, die auf der Strasse lagen. So sind im Herbst 2018 allein in der niederländischen Stadt Den Haag 337 Vögel verendet. Schnell ging das Gerücht um, dass der Test eines 5G-Netzes die Ursache für den Tod der Tiere war. Übrigens: Wenn du wissen willst, wie es um die 5G-Abdeckung in deiner Heimat steht, findest du die Informationen dazu in unserer Netzabdeckungskarte.
Die sogenannten 5G-Vögel lagen tot unter dem Baum
Im Zusammenhang mit dem angeblichen 5G-Test seien Vögel in Den Haag plötzlich tot von den Bäumen eines Parks gefallen. Ausserdem soll es Enten gegeben haben, die in dem besagten Gebiet auf einem Gewässer schwammen und sich vor den vermeintlichen 5G-Strahlen geschützt hätten, indem sie ihren Kopf unter Wasser tauchten.
Die Todesursache für die von den Bäumen gefallenen Vögel soll Herzversagen gewesen sein, ausgelöst durch Mikrowellen, wie man sie von einem 5G-Netz her kennt.
Richtig ist, dass im Oktober und November 2018 tatsächlich tote Vögel in einem Park in Den Haag gefunden worden sind. Die Tiere starben gruppenweise an verschiedenen Tagen über einen Zeitraum von zwei Monaten. Gab es also mehrere 5G-Tests an unterschiedlichen Tagen?
Die Mitarbeiter der Vogelpflege-Organisation Vogelopvang de Wulp hätten angesichts der 5G-Spekulationen beim Antennenamt nachgefragt, ob es einen 5G-Test in der Nähe des Huijgenspark gegeben habe, was von der Behörde verneint worden sei.
Untersuchungen von einem Teil der toten Vögel haben ergeben, dass sich diese mit Pflanzenbestandteilen der Eibe vergiftet haben. Auffällig war von Anfang an, dass die Mägen der eingesammelten Vögel leer waren. Das spricht dafür, dass sich die Tiere übergeben mussten.
Man geht davon aus, dass die Stare rote Beeren von Eiben gefressen haben. Das Fruchtfleisch dieser Beeren kann den Tieren an sich nichts anhaben. Allerdings hätten die Stare möglicherweise auch von Menschen abgeschnittene Teile der Eiben verzehrt, wie Vogelopvang de Wulp vermutet. Denn ein solcher Baumschnitt enthält das für die Vögel tödliche Gift.
Tote Vögel in Kroatien
Im Juni 2020 gab es erneut Berichte über Vogelsterben in sozialen Netzwerken, dieses Mal in Kroatien (der Ort wurde vom Verfasser nicht genannt). Das Rechercheportal CORRECTIV hat nachgeforscht und kam zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei um eine Falschmeldung handelt. Denn eine Rückwärtssuche der Bilder ergab, dass diese nicht in Kroatien entstanden sind, sondern schon Jahre zuvor in Italien. Die Vögel kamen durch ein Unwetter zu Tode, nachdem der Baum, in dem die Vögel nisteten, umstürzte.
Vogelsterben in Thurgau
Auch im schweizerischen Thurgau kam es Anfang 2020 zu einem Vogelsterben, als über 100 Stare tot vom Himmel fielen. Wissenschaftler des Zentrums für Fisch- und Wildtiermedizin der Universität Bern untersuchten die toten Stare und fanden heraus, dass diese an Lungenblutungen und Traumata starben. Das sind Anzeichen dafür, dass diese Vögel mit etwas kollidiert sein müssen – und Stare fliegen in grossen, dichten Schwärmen mit mehreren hundert Tieren. Da die Vögel neben der Strasse gefunden wurden, ist ein Zusammenstoß mit einem LKW plausibel.
So erkennst du Falschmeldungen zu 5G
Falschmeldungen wie diese machen häufig die Runde. Auch wenn man glaubt, einen Zusammenhang zu erkennen – nicht immer ist dies auch der Fall. Es ist leichter, anzunehmen, dass 5G für das Vogelsterben verantwortlich ist, als nach den tatsächlichen Ursachen zu forschen. Die Vielzahl an unseriösen Seiten im Internet macht die Sache nicht leichter.
Gehe offen an die Sache heran
Wer schon im Vorfeld eine festgelegte Meinung hat, der wird auch für ähnliche Meldungen sehr empfänglich sein, ohne es zu merken.
Überprüfe die Website
Kennst du die Website? Hat sie eine komische URL? Wie ist das Design der Website: altbacken und überladen, oder modern? Überhäuft sie dich mit blinkenden Bannern oder übermässiger Werbung? Steht über oder unter dem Artikel ein Autor? Falls ja: Gibt es Informationen zu dem Autor? All diese Punkte unterscheiden seriöse Websites von unseriösen Websites. Google nach dem Autorennamen und der Website – wie berichten andere Seiten?
Checke die Umgebung der Nachricht
Unseriöse Websites fallen häufig durch Verschwörungstheorien, alarmistische Töne oder geschickte journalistische Tricks auf, etwa rhetorische Fragen in der Überschrift oder Auslassungen. Checke das Bildmaterial: Ist das düster-apokalyptisch? Dann ist das kein Zeichen von Seriosität.
Überprüfe die Primärquelle
Oft verbreiten unseriöse Websites die Nachrichten nur aus zweiter Hand. Deshalb ergibt die Suche nach der Ursprungsquelle häufig komplett andere Informationen als in dem Artikel angegeben. Eine Suche ergibt vielleicht sogar Faktenchecks durch seriöse Medien wie Mimikama oder CORRECTIV.
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Dass eine Website etwas verkaufen will, und dies auch in den Texten erwähnt, ist per se keine schlechte Sache – schliesslich leben auch wir davon. 😉 Unseriöse Websites erkennt man aber daran, dass sie dir nutzlose Gegenstände zu völlig überteuerten Preisen andrehen wollen und gleichzeitig das Blaue vom Himmel versprechen.
Fazit: 5G ist nicht fürs Vogelsterben verantwortlich
Fakt ist: Zum neuen Mobilfunkstandard muss noch viel Forschung betrieben werden – aber das Rad wird mit 5G nicht neu erfunden. Viele der früheren Forschungsergebnisse lassen sich deshalb auch auf 5G übertragen. Fakt ist aber leider auch, dass viele Scharlatane das Unwissen und die Unkenntnis der Menschen ausnutzen und Verschwörungstheorien in die Welt setzen. Mit den oben beschriebenen Tipps kannst du aber in Zukunft Verschwörungstheorien und Falschmeldungen besser erkennen. In unserem Artikel “Ist 5G gefährlich?” erfährst du, warum es das nicht ist, und wie 5G funktioniert. Alles zum Thema 5G findest du in unserer 5G-Übersicht.
Dieser Artikel wurde am 2.Juni 2021 erstellt und am 25.November 2024 aktualisiert.